Notarin Esther Czasch

Brennendes Dauerthema: Videoüberwachung des Nachbargrundstücks

Brennendes Dauerthema: Videoüberwachung des Nachbargrundstücks

„Eine Videoüberwachung greift grundsätzlich in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein […]. Bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen auf einem Privatgrundstück muss deshalb sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke von den Kameras erfasst werden, sofern nicht ein das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage im Rahmen der Abwägung bejaht werden kann.“

LG Hamburg, Urteil vom 28.12.2018 – 306 O 95/18 

Sachverhalt

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. In das Haus des Beklagten wurde eingebrochen und sein Hund wurde vergiftet. Daraufhin installierte der Beklagte auf seinem Grundstück drei Videokameras, deren Beseitigung der Kläger verlangt.

Entscheidung

Das Gericht gibt dem Kläger recht, er kann von dem Beklagten verlangen, dass die Kameras nicht mehr (auch nur teilweise) auf das Grundstück des Klägers oder den unmittelbar vor beiden Grundstücken anschließenden öffentlichen Wegekörper gerichtet werden. Dies deshalb, weil die Kameras nicht nur Aufnahmen vom Grundstück des Beklagten, sondern auch von Teilen des Klägergrundstücks aufzeichneten. Eine entsprechende Korrektur der Kameraausrichtung sei daher erforderlich, technisch möglich und zumutbar. Eine vollständige Entfernung der drei Kameras schulde der Beklagte hingegen nicht. Eine Videoüberwachung greift nämlich grundsätzlich in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung ein; dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen.

Bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen auf einem Privatgrundstück muss deshalb sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke von den Kameras erfasst werden, sofern nicht ein das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage im Rahmen der Abwägung bejaht werden kann. Die Installation einer Überwachungsanlage auf einem privaten Grundstück, die weder öffentliche noch fremde private Flächen erfasst, ist hingegen nicht rechtswidrig, wenn eine solche Erfassung nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich ist und auch sonst Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden. Allein eine Änderung des Aufnahmewinkels durch bloß äußere, manuelle Neuausrichtung ist für die Annahme eines permanenten „Überwachungsdrucks“ für den Nachbarn nicht ausreichend, sondern stellt nach einer Neuausrichtung nur eine hypothetische Gefahr dar.

Praxishinweis

Im Grundsatz gilt: Wer im eigenen Haus lebt, kann seine Immobilie von innen und außen sowie die Grundstücksfläche jederzeit filmen. Selbst der Paketzusteller muss hinnehmen, wenn er auf seinem Weg zur Haustür gefilmt wird. Der Nachbargarten oder der öffentliche Bürgersteig dürfen auf dem Video aber nicht zu sehen sein.

Grundstückseigentümer sollten bei der Überwachung ihres Grundstücks mittels Videokameras unbedingt darauf achten, dass die Videokameras nur das eigene Grundstück erfassen, nicht das Nachbargrundstück. Eine Videoüberwachung sonstiger, durch Dritte begehbarer Bereiche ist nur dann zulässig, wenn dafür ein berechtigtes Interesse besteht. Das wäre dann der Fall, wenn nur auf diese Weise das eigene Grundstück vor Sachbeschädigungen oder Einbrüchen geschützt werden kann. Zumindest sollte die Videoüberwachung in solchen Fällen deutlich gekennzeichnet sein. Daher sollte die Videoüberwachung auf das eigene Grundstück begrenzt werden und andere Sicherungsmaßnahmen (Alarmanlage, Bewegungssensoren, etc.) gegen potentielle Beeinträchtigungen in Betracht gezogen werden.

Bei Mietshäusern oder Anlagen mit Eigentumswohnungen ist die Lage komplizierter. Denn hier müssen alle Mieter beziehungsweise alle Eigentümer mit der Überwachung einverstanden sein. Außerdem muss eine eindeutige Gefahrenlage bestehen. Letztendlich entscheidet der Einzelfall, was erlaubt ist und was die Grenzen überschreitet.

Veröffentlichung: 05.01.2020

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