Notarin Esther Czasch

Grenzbebauung: So nah dürfen Sie Ihren Nachbarn kommen

Grenzbebauung: So nah dürfen Sie Ihren Nachbarn kommen

Das Errichten von Bauwerken an der Grenze ohne Einhaltung von gesetzlich festgelegten 

 

Abstandsflächen zur Grundstücksgrenze hin wird als Grenzbebauung bezeichnet. Solche Grenzbebauungen sind gesetzlich reglementiert, da jeder Eigentümer aus unterschiedlichen Gründen Abstand zum Nachbarn haben möchte, bspw. zwecks Privatsphäre, ausreichende Besonnung und Belichtung des Grundstücks sowie zum Schutz bei Bränden. So soll verhindert werden, dass Gebäude unkontrolliert so nahe an das Grundstück des Nachbarn gebaut werden, dass dessen Grundstück und darauf stehende Gebäude übermäßig beschattet und optisch eingeengt werden.  

Ausnahmsweise erlauben die Landesregelungen der jeweiligen Bundesländer aber sog. einseitige Grenzbebauungen, indem ein Bauvorhaben an der Grenze gestattet wird, ohne zugleich zwingend für das Nachbargrundstück eine entsprechende Bebauung vorzuschreiben. Hierbei handelt es sich aber um gesetzliche normierte Ausnahmen.  

Vorschriften zur Grenzbebauung gibt es in allen Bauordnungen der Bundesländer. Unterschiedlich wird nur die Frage behandelt, ab wann es sich um eine Grenzbebauung handelt, was erlaubt ist und welche Abstände erlaubt sind, ohne zugleich eine Baugenehmigung beantragen zu müssen. Die gesetzlichen Vorgaben können jedoch noch individuell durch gemeindliche Satzungen, sprich Bebauungspläne, stärker eingeschränkt werden. 

So können bspw. Gebäude auf der Grundstücksgrenze errichtet werden, wenn ein Bebauungsplan eine geschlossene Bebauung vorsieht (bei Reihenhäusern) oder wenn die nähere Umgebung durch eine geschlossene Bebauung geprägt ist. Auch zulässig ist eine Grenzbebauung für bestimmte Gebäude, die keine Aufenthaltsräume und Feuerstätten enthalten. Typisches Beispiel hierfür sind Grenzgaragen, wenn sie nicht länger als 12 m sind und die mittlere Wandhöhe von 3,20 m nicht überschritten wird. 

Sollte eine Grenzbebauung geplant sein, sollte man in einem ersten Schritt das zuständige Bauamt anfragen und einen Termin vereinbaren. Stellt sich sodann heraus, dass eine Baugenehmigung erforderlich ist, ist die Einschaltung eines Architekten sinnvoll, der bei der Erstellung der genehmigungspflichtigen Pläne hilft und als fachkundige Person weitere Details beachtet. Sofern keine Baugenehmigung erforderlich ist, kann der Bauherr umgehend mit seinem Vorhaben beginnen. 

In den anderen Fällen, in denen eine Baugenehmigung erforderlich ist, muss man mit einer Bearbeitungszeit von mind. 3 Monaten rechnen, wobei das oftmals überschritten wird. Sollte die Bearbeitung jedoch länger als 3 Monate in Anspruch nehmen, besteht die Möglichkeit, eine sog. Untätigkeitsklage gegen die Gemeinde zu stellen mit dem Ziel der Erteilung der beantragten Baugenehmigung, § 75 VwGO. 

Grenzbebauung ohne Baugenehmigung: Was Bauherren droht

Wenn man als Bauherr ohne Einhaltung von Grenzabständen oder Vorliegen von Baugenehmigungen dennoch baut, liegt eine sog. widerrechtliche Grenzbebauung vor. Dies ist der Fall, wenn 

  • ohne erforderliche Zustimmung des Nachbarn der Mindestabstand zum Nachbargebäude unterschritten wird, 
  • trotz Vorliegens eines genehmigungspflichtigen Vorhabens keine Baugenehmigung eingeholt wurde, 
  • trotz Vorliegens einer Baugenehmigung abweichend hiervon gebaut worden ist oder 
  • unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben der jeweiligen Bauordnungen gebaut wurde, jedoch nicht der geltende Bebauungsplan für das Baugebiet beachtet worden ist.  

Unverkannt ist bei Letzterem die Bedeutung von Baulinien und Baugrenzen in Bebauungsplänen. Eine Baulinie wird im Bebauungsplan als rote Linie dargestellt und bedeutet, dass nach § 23 Abs. 2 BauNVO auf dieser Linie gebaut werden muss. Das bedeutet konkret: Gibt es für das betroffene Baugrundstück eine Baulinie im Bebauungsplan, hat man keinen Entscheidungsspielraum. Es muss bis an die Baulinie heran gebaut werden und diese darf nicht unterschritten werden. 

Bei einer widerrechtlichen Grenzbebauung können sowohl die Gemeinde als auch der betroffene Nachbar rechtliche Schritte gegen den Schwarzbauer einleiten. Die Behörde kann sog. bauordnungsrechtliche Verfügungen in Form von Verwaltungsakten erlassen, wie Nutzungsuntersagung, Stilllegung oder im schlimmsten Falle den teilweisen/vollständigen Abbruch. Auch kann dies mit einer Geldbuße geahndet werden. 

Zu beachten ist, dass ein solcher Schwarzbau nicht verjähren kann, auch wenn dieser schon jahrzehntelang Bestand hatte und niemanden gestört hat. Auch ein Eintrag im Grundbuch führt nicht zur Legalisierung. Einzige Rettung wäre für den Bauherrn nur, falls die Gemeinde irgendwann durch Satzung eine – wenn auch nur – vorübergehende Rechtmäßigkeit festlegt, sodass ein Bestandsschutz besteht. Eine spätere Änderung wirkt sich dann nicht mehr nachteilig auf den einmal bestehenden Schutz aus.  

Nachbarn haben zivilrechtliche Ansprüche gegen den Schwarzbauer durch Unterlassungsklagen und Schadensersatzansprüche. Hier gelten jedoch im Unterschied zum öffentlichen Recht die allgemeinen Verjährungsregeln von 3 Jahren zum Jahresende hin beginnend. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Beginns der Störungsquelle. Sollte eine zivilrechtliche Klage nicht mehr möglich sein, ist ggf. an Entschädigungsansprüche zu denken, die allein auf das Vorliegen der Störung abstellen.  

Um diese Folgen zivilrechtlich prüfen zu lassen, empfiehlt es sich, Rechtsrat einzuholen. Durch Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Ansprache beim Bauamt können oftmals nicht bekannte Verstöße dem Bauamt angezeigt werden, welches sodann weiter verfahren kann. 

Den vollständigen Artikel können Sie online bei anwalt.de nachlesen.

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