Eine Abdichtung muss abdichten!
Wird der Auftragnehmer mit einer Abdichtung der Terrasse eines Wohnhauses beauftragt, schuldet er die Herbeiführung eines Zustands, der ausschließt, dass (Regen-)Wasser über die Terrasse oder durch sie durch in das Gebäude eindringt. Die Wasserundurchlässigkeit ist Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung. Dies hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 07.02.2019 (VII ZR 274/17) entschieden.
Zum Sachverhalt
Der Kläger beauftragte den Beklagten mit der Abdichtung seiner Terrasse seines Wohnhauses, die sich vor dem im Keller gelegenen Hobbyraum befindet und von Betonmauern umgeben ist.
Der Beklagte begann die Abdichtungsarbeiten mit einem Bitumen-Voranstrich. Hierauf verlegte er zwei Lagen Bitumen-Schweißbahnen. Danach brachten andere Unternehmer Estrich auf und verlegten darauf Fliesen. Zum Abschluss nahm der Beklagte an den Rändern Zinkisolierungen vor und montierte letztendlich Wandanschlussschienen und versiegelte diese mit Silikon.
Weil sich an den an die Terrasse angrenzenden Wänden Feuchtigkeit zeigte, die der Kläger auf eine mangelhafte Abdichtung der Terrasse zurückführte, rügte er dies gegenüber dem Beklagten. Sein Mangelbeseitigungsverlangen wies der Beklagte jedoch zurück.
Zur Entscheidung
Voraussetzung des Nacherfüllungsanspruchs wie des Schadensersatzanspruchs nach § 634 BGB ist ein Mangel des Werks des Beklagten im Zeitpunkt der Abnahme. Ein Sachmangel liegt unter anderem vor, wenn eine vereinbarte Beschaffenheit fehlt, § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB. Eine Abweichung zur vereinbarten Beschaffenheit liegt vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck des Werks nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt.
Welche Beschaffenheit eines Werkes die Parteien vereinbart haben, ergibt die Auslegung des Werkvertrages; zur vereinbarten Beschaffenheit gehören alle Eigenschaften, die nach der Vereinbarung den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Das bedeutet konkret hier, dass der Beklagte die Abdichtung der Terrasse schuldete, also die Herbeiführung eines Zustands, der ausschließt, dass (Regen-)Wasser über die Terrasse oder durch sie hindurch in das Gebäude eindringt. Die Wasserundurchlässigkeit der Terrasse ist darum Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung. Ob das Werk seiner Funktion nicht gerecht wird, kann zum Beispiel durch einen Flutungsversuch mit gefärbtem Wasser oder einem Leckagetest überprüft werden. Hierzu ist die Freilegung der Terrassenabdichtung nicht erforderlich.
Der Kläger, der nach Abnahme die Beweislast dafür trägt, dass der Mangel bei Abnahme, war auch nicht gehalten, die Freilegung der Abdichtung zu veranlassen, um auf diese Weise den Beweis zu erbringen, dass ein etwaiger Mangel in Gestalt der Undichtigkeit (schon) im Zeitpunkt der Abnahme vorlag oder angelegt war. Entscheidend ist allein das Vorliegen von Feuchtigkeitsspuren, die auf eine mangelhafte Abdichtung hinweisen.
Auswirkungen in der Praxis
Im Baurecht ist die Abnahme eine wichtige Zäsur und sollte bei Bauherren besondere Aufmerksamkeit beachten. Sollte der Bauherr nämlich ein Werk abnehmen, ohne sich (ersichtliche) Mängel vorzuhalten, so muss er im Nachhinein beweisen, dass diese Mängel nicht erst später durch die Nutzung entstanden sind, sondern dem Bauunternehmer zuzurechnen sind.
Die Herstellungspflicht des Werkunternehmers beschränkt sich nicht nur auf die Einhaltung der vereinbarten Ausführungsart, wenn diese nicht zu einer zweckentsprechenden und funktionstauglichen Werkleistung führt. Die Leistungsvereinbarung der Parteien wird überlagert von der Herstellungspflicht, die dahin geht, ein nach den Vertragsumständen zweckentsprechendes und funktionstaugliches Werk zu erbringen. Der funktionale Mangelbegriff erweitert damit den vertraglichen Leistungsumfang. Das gilt unabhängig davon, ob die Leistung nur funktional oder detailliert beschrieben worden ist. Solange kein funktionales Werk erbracht wurde, liegt ein Mangel der Bauleistung vor.
Veröffentlichtung: 22.03.2019